Kein Land der Erde verfügt über unterschiedlichere Landschaftszonen als Peru. Trockene Küstenregion im Westen, die Atakama, die wasserärmste Wüste der Erde im Süden. Dazu das Hochland der Anden, mit tiefen Tälern, gewaltigen Gipfeln und engen Flussdurchbrüchen. Im Norden werden die Berge etwas flacher und das Land ist hier sehr vegetationsreich. Im Osten der Anden beginnt der tropische Regenwald, mit Flüssen, die alle Richtung Amazonas strömen. Diese unterschiedlichen Regionen zusammengefasst, bilden eine großartige Bio-Diversität an Pflanzen und Tieren.
Lima liegt auch in London! Um eine Ahnung von der Vielfalt zu bekommen, brauchte ich im Sommer 2015 nur bis London reisen. Dort stellte mir Gabriel Gonzales, Manager des erfolgreichen und bereits seit zwei Jahren mit einem Michelinstern ausgezeichneten Restaurants Lima London, die üppige Vielfalt Perus auf Tellern vor.
Bitte merken: Cocina Novoandina – geht leicht von den Lippen und noch besser in den Mund: Wenn der gebürtige Venezuelaner Gabriel Gonzalez über die kulinarische Vielfalt Perus berichtet, gerät er, der sich von Kindheit an für das Essen begeistert hat, ins Schwärmen. Wir sitzen im Souterrain des Lima Floral in London und über uns legen mehrere Köche in der offenen Schauküche letzte Hand an die bezaubernd dekorierten Teller. Das Team um Sternekoch Robert Ortiz arbeitet ruhig und gelassen an den Gerichten der übersichtlichen Speisekarte. Es ist die Cocina Novoandina, also die Neue Andenküche, die hier umgesetzt wird. Chefkoch Ortiz, so erzählt Gabriel, ist es ein Anliegen die traditionellen Gerichte seines Landes zu präsentieren.
Weltmeister der Kartoffelsorten. Für eine authentische Küche Perus bedarf es natürlich der landestypischen Zutaten: Kartoffeln, Mais, Quinoa oder das alte Inka-Korn Canihua, aus dem Brot gebacken wird. Geschlagene 800 Mais- und 3.000 Kartoffelsorten wachsen in den Anden. Und hoch oben in den Bergen wachsen seit Jahrhunderten Körner wie Quino oder Chiasamen, die uns hierzulande nun als Superfoods verkauft werden. Etwas ganz anderes ist es, diese Zutaten als Bestandteil der traditionellen Andenküche zu sehen.
Gabriel präsentiert mir blue potatoes, die für eine bessere Ökobilanz gar nicht aus Peru kommen, sondern mittlerweile gedeihen Sorten wie Burgundy Red oder Kongo Blue auch in Schottland. Aber natürlich findet sich auf der Speisekarte des Lima Floral auch die Olluquito Kartoffel, die in 4.000 Meter Höhe in den Anden wächst.
Auf einem anderen Schälchen liegen kleine verschrumpelte Bröckchen. Es sind dehydrated potatoes. Ihnen wird das Wasser entzogen, um sie haltbar zu machen. So konnten sich die Ureinwohner der Anden auch in den kargen Gegenden über einen längeren Zeitraum versorgen. Vor dem Verzehr müssen die Kartoffeln über Nacht rehydrated werden. Erst danach können sie zu einem traditionellen Eintopf namens Carapulca verkocht werden.
Ein Fischsalat erobert die Welt. Das Flagschiff unter den peruanischen Gerichten ist aber ohne Zweifel Ceviche. Roher meist weißer Fisch, wird mit Limettensaft beträufelt und mit gerösteten roten Zwiebeln, Maiskörner und vor allem Tigersmilk angerichtet. Die Tigermilch kann in der Farbe variieren und rot, gelb oder grün sein, je nach Farbe der verwendeten Chilis.
Lass den Tiger auf den Teller. Es ist ein Gemüsesaft, der auch immer mit einem Spritzer Sojasoße angerichtet wird. Hier zeigt sich, so Gabriel deutlich der Einfluss der japanischen Küche. Roher Fisch und Sojasoße und ein Name mit einem großen Versprechen „stark wie ein Tiger“ zu werden. Vor 3 – 4 Jahren war Ceviche in Europa noch unbekannt, mittlerweile werden täglich rund um den Globus neue Cevicherias eröffnet, lauter kleine peruanische Botschaften. Und Ceviche ist ein einfaches Gericht mit unzähligen Varianten, so Gabriel. In Mexiko geben sie sogar Ketchup dazu, sagt er und schüttelt sich dabei.
Das Dreamteam Virgilio Martinez und Robert Ortiz. Das Lima London wurde 2010 gegründet. Wie so oft steckt hinter einer guten Idee auch immer ein gutes Netzwerk der richtigen Leute zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Gabriel hatte bis 2010 in Frankreich gelebt, sein Bruder in London, berichtet der gelernte Marketingexperte. Die Brüder wollten etwas Gemeinsames machen. Sie reisten nach Peru, wo sie sich in die Landesküche verliebten. Diesen Geschmack wollten sie nach Europa bringen und machten sich auf die Suche nach Köchen. Wir hatten richtiges Glück, erzählt Gabriel, wir trafen auf Virgilio Martinez und Robert Ortiz. Es war richtiges Teamwork. Virgilio war immer in Peru in seinem Restaurant Central. Seine Aufgabe ist die eines Kreativdirektors. Aber er hat lange mit Robert Ortiz zusammengearbeitet und Robert wiederrum arbeitet seit 20 Jahren in England. Er hat die Landeskenntnisse hier vor Ort und Virgilio reist viel, er weiß was neu ist, ist ständig auf der Suche und forscht nach neuen Zutaten in den veschiedenen Regionen von Peru. So haben wir einen direkten Kontakt zu den Produzenten, um wirklich authentisch zu sein. Robert ist aus der Amazonasgegend, Virgilio kommt aus Lima, so können wir auf mehreren Ebenen sehr authentisch sein. Im Juli 2012 eröffneten wir das Lima London und im Juli 2014 haben wir das Floral in der Nähe von Covent Garden dazu.