James Brown und die wilden Austern

Es gibt nicht mehr viele Männer an der Küste Cornwalls, die diesen harten Job machen wollen. James Brown – so heißt er wirklich – ist Austernfischer. Die wilden, einheimischen Austern in ihrer natürlichen Umgebung nach alten Fangmethoden zu ernten, das ist sein Job. An den steilen und schroffen Ufern der Flussmündung des Fals erstreckt sich das Fanggebiet von James Brown. Hier trifft das salzige Tidewasser des Atlantiks auf das mineralreiche Süßwasser des Fals. Es verleiht den Austern ihren süßlichen und leicht metallischen Geschmack.

Paul Wadham, Chefkoch im Hotel Tresanton in St. Mawes hat uns James als das Paradebeispiel für sein Prinzip von Frische und Nähe genannt. Wir wollen wissen, wo genau die wilden Austern herkommen, die Tresanton in der Austern-Saison auf der Karte hat und treffen James an seinem 120 Jahre alten Segelboot.

„Ada“ hat die Saison gerade hinter sich gebracht. Der Fang der wilden Austern ist gesetzlich streng geregelt und es gilt die Fangzeit zwischen Oktober und Ende März. Wilde Austern sind eine Spezialität. Austernfischer wie James Brown versuchen die einheimische Art zu schützen. Doch Gefahr droht durch einen pazifischen Eindringling. Die große Pazifik-Auster ist eine Farm-Auster, die in Käfigen gezüchtet wird. Doch über die Jahre gelang etlichen die Flucht ins offene Meer. Mit der Folge, dass sie sich auch in den Gewässern der einheimischen Austern ausbreiten. Weil sie größer sind und schneller wachsen, verdrängen Pazifik Austern die „cornish wild oysters“ immer mehr.

Die Arbeit an Bord braucht viel Muskelkraft. Wie schon vor 500 Jahren werden in den geschützten Gewässern nur Ruder- oder Segelboote eingesetzt. Die wilden Austern wachsen an Steinen, an anderen Schalentieren und an eigenen Artgenossen. Das macht die Ernte so schwer. James arbeitet mit einem speziellen Fangkorb, der über den Meeresgrund gezogen wird und einem Tauchermesser.

Am Anfang sind Austern mikroskopisch klein. Viele werden von Schnecken gefressen. Geerntet werden sie erst ab Grad 1, das sind 60 bis 80 g schwere Austern. Grad 2 Austern wiegen bis zu 100 g und Grad 3 über 100 g. Um 100 g zu erreichen, muss eine wilde Auster 4 bis 5 Jahre alt sein. James prüft jede Auster mit einem Ring. Passt die Auster noch durch das Maß, ist sie zu klein und wird zurück ins Wasser geworfen. Der Fang kommt zum Durchspülen für 43 Stunden in einen 600-Liter Salzwassertank. Erst dann gehen die Austern in den Verkauf. In die Küche von Tresanton liefert James sie selbst. Leider sind die letzten wilden Austern schon Tage vor unserer Ankunft verspeist worden, denn der Austernfang ruht von April bis Oktober. So mussten wir auf die längliche Pazifikauster ausweichen, die es immer gibt.

Auch James Brown braucht eine Alternative bis die Saison mit dem großen Falmouth Austern Festival im Oktober wieder startet. In den Sommermonaten fährt er Touristen auf das Meer. Das ist zwar körperlich weniger anstrengend, kann aber auch schon mal nervenaufreibend sein, meint James mit einem Augenzwinkern.

Auf der anderen Seite des Kanals, in der Bretagne gibt es ebenfalls wilde Austern. Zum Beispiel in Cancale. Im Handel erhältlich sind aber auch hier meistens die pazifischen Austern der riesigen Zuchtbänke. Mehr zum Thema Austern hier.