Wie wäre es mal mit Auster? Meeresfrüchte aus dem Atlantik sind nicht nur großartig, sondern auch groß. Einen Besuch bei Alain Audineau am Port a la Luc in Frehel, Bretagne, starteten wir mit einer Vorbesichtigung der Meeresfrüchteplatte, dem Assiette du jour, dem frischen Fang bzw der Ernte des Tages. Dann begann erst einmal eine ca. 5 km lange Wanderung Richtung Port St Geron zu den Austernbänken. Schließlich war es erst früher Vormittag und obwohl ich den Geschmack einer frischen Atlantik-Auster wunderbar finde, kann ich ihr als Frühstück noch nicht soviel abgewinnen. Aber spätestens ab Mittag, wenn man das Meer schon gerochen hat und die Füße den kalten Atlantik gespürt haben, steigert sich meine Vorfreude auf Austern. Köstlich der letzte Schlürfer aus der Schale. Frische pur mit Meersalzkick.
Dass das Essen der ersten Auster schon immer Überwindungug gekostet hat, beschreibt die wunderbare MFK Fisher, in einer Episode Ihres Buches „Die Kunst des Essens, Anleitung zum Genuss“ Kapitel Die erste Auster, von 1937.
Eine gewisse Unruhe breitete sich aus. Wir verhielten uns vorbildlich, aber ich weiß, dass ich nicht die einzige war, die Angst davor hatte, ihre erst rohe Auster zu essen. Ich erinnerte mich daran, dass Mutter gesagt hatte, Austern seien geschmacklos, und auch äußerst unangenehm und dass man sie daher ohne nachzudenken und so schnell wie möglich herunterschlucken sollte, denn der Nachgeschmack sei durchaus angenehm.
Unser Ziel, den Port St. Geron mit seinen ausufernden Austernbänken, haben wir an diesem Tag nicht erreicht. Es war, so stellte sich heraus, der heißeste Tag den die Bretagne seit 15 Jahren erlebt hat. Bis zum Nachmittag sollte das Thermometer auf 36 Grad steigen. Da half auch keine Meeresbrise mehr. Wir machten auf dem Teilstück des allgegenwärtigen Küstenwanderweges GR34 kehrt, mit nichts anderem als der Assiette du jour im Sinn.
Wer sich gerne theoretisch der Auster nähern möchte, dem empfehle ich MFK Fisher’s Büchlein von 1941 Consider the Oyster. Ich finde, diese fein ausbalancierte salzige Frische einer Auster sollte man, wann immer es sich ergibt und ganz besonders, wenn man sich in einer Gegend aufhält, in der Austern so alltäglich sind wie bei uns Currywurst mit Pommes, als Vorspeise zelebrieren. Ich finde Austern sind belebend und kraftspendend, ein bisschen wie das Urmeer, aus dem alles Leben entstanden ist. Aber, und das gebe ich zu, schön aussehen tut es nicht, das Innenleben der Auster.
Gut zu wissen:
Austern haben das ganze Jahr über Saison. Für Austern gilt nicht die R-Regel wie bei Muscheln. Austern enthalten viel Omega-3 Fettsäuren, sind kalorienarm und reich an Eisen, Zink, Magnesium, Kalzium und den Vitaminen A,B C und D.
Zum Essen:
Produzent von Meeresfrüchten Alain Adineau, Frehel, Bretagne. Verkauf und Tagesgerichte vor Ort. Die Assiette du Jour kostete 12 €, dazu noch ein Glas kühler Weisswein und der Blick auf die Bucht bei Ebbe mit den typischen robusten bretonischen Steinhäusern – ja, da weiß man dann, wir leben um zu essen und nicht umbekehrt.
Zum Lesen:
MFK Fisher, Consider the Oyster, 1941.
Ebenfalls im Angebot bei Alain Adineau: Gigantische Krebse, doppelt so groß wie Ziegelsteine. Sie kommen aus mehr als 50 Meter Tiefe, nur dort unten werden sie so groß.